Die Osteopathie wurde von dem amerikanischen Arzt Dr. Andrew Taylor Still (1828 – 1917) vor ca. 140 Jahren begründet.
Nachdem seine Frau und seine sechs Kinder an Infektionen starben, fing er, von der Medizin enttäuscht, mit der Suche nach einer ganzheitlichen Therapiemethode an. Er begann mit der Entwicklung eines ganzheitlichen Behandlungskonzepts. Dabei erkannte er, dass es Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Organsystemen gibt. Funktionsstörungen verschiedener Gewebe können zu Funktionsstörungen entfernter Körperbereiche (z. B. Organe, Gelenke) führen. Dies kann somit Grundlage von Krankheitsentstehung sein.
1892 gründete Andrew Taylor Still die „American School of Osteopathy“ in den USA. Die Osteopathie wurde ständig weiterentwickelt und erreichte in den USA die gesetzliche Anerkennung ihres Berufsstandes und die Gleichstellung mit der Schulmedizin.
Seit 1901 arbeiteten die ersten Osteopathen in England. Die Methode breitete sich nach und nach in Europa aus. In Deutschland ist die Osteopathie eine noch recht junge Therapiemethode.
Die osteopathische Behandlung wird nur mit den Händen (manuell) ausgeführt. Der Behandlung gehen eine ausführliche Befragung und körperliche Untersuchung voraus.
Aus osteopathischer Sichtweise sind alle Körpersysteme miteinander verbunden und agieren in einer ständigen Wechselbeziehung.
So können sich z. B. Lebererkrankungen oder Funktionsstörungen der Leber angeblich auf die rechte Schulter auswirken. Schmerzen und Funktionsstörungen im rechten Schultergelenk können die Folge sein. Umgekehrt können Beschwerden an der rechten Schulter angeblich zu Leberfunktionsstörungen führen.
Blockierungen der Brustwirbel können osteopathisch gesehen zu Funktionsstörungen im Magen-Darm-Bereich führen.
Die gegenseitige Einflussnahme der verschiedenen Körpersysteme wird diagnostisch und therapeutisch genutzt. Durch sanfte osteopathische Behandlungstechniken werden Funktionsstörungen oder Blockaden behoben, die ursächlich für viele Erkrankungen in weiter entfernten Körperregionen sein können. Dadurch sollen Regulationsmechanismen aktiviert und Selbstheilungskräfte in Gang gesetzt werden.
Die Osteopathie teilt sich in drei große Bereiche auf:
- Die parietale Osteopathie
Sie bezieht sich auf den Bewegungsapparat (Knochen, Gelenke, Bänder, Sehnen, Muskeln). Mittels der parietalen Osteopathie werden Beschwerden und Erkrankungen im Bereich des Bewegungsapparates manuell behandelt. Die Behandlungstechniken ähneln denen der Manuellen Therapie (siehe unter „Manuelle Medizin“).
- Die viszerale (viscerale) Osteopathie
Sie bezieht sich auf die inneren Organe mit den Blut- und Lymphgefäßen, Nerven und bindegewebigen Strukturen. Viszeral heißt „die Eingeweide betreffend“.
Die viszerale Osteopathie behandelt mit manuellen Maßnahmen Funktionsstörungen an den inneren Organen. Sie geht unter anderem davon aus, dass es im Bereich der Eingeweide und ihren sie umgebenden Häuten (Faszien) zu Blockierungen kommen kann. Das heißt, dass die Faszien miteinander verkleben können und dies in weiter entfernten Körperregionen zu Beschwerden und Erkrankungen führen kann. So soll eine Blockade der Niere zu Kniebeschwerden führen können. Der Osteopath will solche Faszienverklebungen ertasten können, auch wenn diese zum Teil tief im Bauchraum sind.
Ein Osteopath sucht die Ursachen einer Erkrankung immer weit entfernt irgendwo am Körper und selten am Ort des Geschehens.
- Kraniosakrale Therapie (Kraniosakraltherapie, Craniosacral Therapie)
Sie bezieht sich auf den Schädel, die Hirnhäute und Hirnflüssigkeit, Rückenmarkshäute und Rückenmarksflüssigkeit sowie auf das Nervensystem.
Die Kraniosacrale Therapie wurde von William Garner Sutherland begründet, einem Schüler von Dr. Andrew Taylor Still. Sie geht davon aus, dass die Pulsationen der Gehirnflüssigkeit (Liquor) sich auf die Knochen des Menschen übertragen und dass diese Pulsationen am Knochen ertastet werden können. Störungen dieser Pulsationen sollen zu vielen verschiedenen Erkrankungen führen. Rein theoretisch lassen sich fast alle Erkrankungen darauf zurückführen. Durch Auflegen der Hände vorwiegend am Schädel (Cranium) oder auf dem Kreuzbein (Sacrum) versucht der Therapeut die Pulsation des Liquorflusses zu regulieren, dadurch sollen Selbstheilungskräfte aktiviert und auch seelische Traumata gelöst werden.
Versuche haben ergeben, dass sich die ertasteten Befunde der Kraniosakraltherapeuten erheblich voneinander unterscheiden und kein einheitliches Ergebnis erzielt wurde. Jeder Therapeut meint, etwas anderes zu spüren. Rein wissenschaftlich konnte bisher auch mit den sensibelsten Messgeräten keine Liquorpulsation an den Knochen gemessen werden.
Bewertung aus christlich-biblischer Sicht auf mögliche esoterische, magische oder okkulte Belastungen
Hier ist es sehr schwierig, eine Bewertung vorzunehmen. Die Osteopathie ist an sich eine gute Behandlungsmethode, bei der sich leider auch einiges an Hokuspokus eingeschlichen hat. Die Übergänge von seriösen guten Behandlungsmethoden hin zur Scharlatanerie sind sehr fließend und unmerklich. Viele Osteopathen wollen vom Gewebe Informationen erhalten (ein Motto heißt: „With thinking fingers“) und anscheinende Verklebungen und Blockaden erspüren, die es nicht gibt. Aus der Sicht der Osteopathie ist immer irgendwo im Körper etwas verklebt oder blockiert und für die jeweiligen Beschwerden auch an weiter entfernten Körperregionen ursächlich.
Blockaden, Verklebungen und manche blockierte Bewegungen kommen vor, aber längst nicht so oft, wie es der Osteopath zu erspüren glaubt.
Das Herleiten mancher Ursachen-Folgen-Ketten ist zu abstrakt. Es lässt sich zwar alles rein theoretisch erklären, Vieles stimmt aber trotzdem nicht. Die Diagnosen der Osteopathen unterscheiden sich bei ein und demselben Patienten erheblich voneinander.
Ein gutes anatomisches Wissen und ein guter Tastsinn zeichnen den Osteopathen aus, aber viele schießen mit ihrem Erspüren, Ertasten und Wahrnehmen über das Ziel hinaus. Osteopathen meinen, die „Flöhe husten hören zu können“ und das kann kein Mensch, auch nicht ein Osteopath. Sie stehen in der Gefahr, ihre Sensibilität und Wahrnehmung soweit zu schulen, dass sie unbemerkt die körperliche Ebene verlassen und in den Bereich des Geistes vordringen. Es geht in der Osteopathie viel um „Informationen“, die man vom Körper oder dem Geist des Patienten erhalten will. Manche Osteopathen sagen, dass das Gewebe der Patienten zu ihnen „spricht“.
Viele legen ihre Hand zur Befunderhebung nur noch an einer Stelle des Körpers auf und lassen dann den Körper oder das Gewebe „sprechen“. Manche Osteopathen legen ihre Hand auf den Kopf des Patienten und lassen den Geist des Patienten zu sich sprechen. Auch geben manche Osteopathen durch Hände auflegen „heilende Informationen“ an den Patienten ab.
Hier wird fast unmerklich der körperliche Bereich verlassen und die Ebene des Geistes betreten. Die Osteopathie wird dadurch schleichend zur Geistheilmethode, was viele Patienten nicht wahrnehmen. Die Osteopathie steht in der Gefahr, von einer spirituell–esoterischen Weltanschauung vereinnahmt zu werden.
Ansonsten, wenn solche erwähnten Maßnahmen nicht praktiziert werden und nicht das erwähnte geistige Terrain erreicht wird, dann ist die Osteopathie aus biblischer Sicht in Ordnung. Es muss also im Einzelfall abgewägt werden. So ist es schwierig, eine genaue Aussage zur Osteopathie aus biblischer Sicht zu fällen.
Die Kraniosacrale Therapie hat eine rein suggestive Wirkung. Suggestion wird im Beitrag „Heilen mit Nichts – Warum helfen nutzlose Therapien?“ ausführlich erklärt.
Besuchen und abonnieren Sie auch meinen YouTube-Kanal